München - Sybille Vitolo (42) kann kaum sprechen, jedes Schlucken tut weh. Die Zahnärztin aus Bogenhausen hat unglaubliche Schmerzen erlitten: In einem indischen Restaurant bekam sie statt Mineralwasser eine chlorhaltige Lauge (eventuell einen Reiniger) serviert!
Update vom 11. Januar: Das Laborergebnis der untersuchten Flasche ist mittlerweile da. Es wirft Fragen auf.
Mund, Rachen und Speiseröhre sind verätzt.
Es geschah am Mittwochabend, erzählte Sybille Vitolo am Montag der tz. Sie trifft sich mit einer Kollegin im Swagat am Prinzregentenplatz – das indische Lokal gilt als eines der besten in München. Die Frauen bestellen eine Flasche stilles Wasser. Sybille nimmt einen Schluck. „In dem Moment hat es mir so weh getan im Mund – ich dachte erst, ich habe mich am Glas geschnitten.“ Fatal: Wegen dieses Gedankens nimmt sie die Flasche und trinkt noch einmal aus ihr. „Das hat so gebrannt, dass ich alles auf den Tisch gespuckt habe.“
Sie rennt wie von Sinnen auf die Toilette. „Da wurde mir schwarz vor Augen vom Schmerz.“ Die Haut auf den Lippen hat sich abgelöst. Als sie ihren Mund mit Leitungswasser ausspült, quellen Hautfetzen heraus. „Ich konnte nicht sprechen, meine Zunge wurde immer dicker. Ich konnte den Speichel nicht kontrollieren.“
Ein Kellner ruft den Notarzt, die 42-Jährige wird auf die Intensivstation im Klinikum Bogenhausen gebracht. „Mir wurde sofort Morphin gespritzt. Man hat mir gesagt, es kann zu einer Perforation der Speiseröhre kommen.“ Sie wird intubiert und geröntgt, bekommt eine Magenspiegelung. Mittlerweile ist Sybille Vitolo wieder zu Hause, kommt aber nur mit starken Schmerzmitteln durch den Tag. „Meine Zunge brennt und fühlt sich an wie ein ekliger Waschlappen.“ Auch die Zähne sind angegriffen – und sie hat kein Geschmacksempfinden mehr. Aber: Sie wird wohl wieder ganz gesund.
Bleibt die Frage: Wie kam die ätzende Lauge in die Wasserflasche? Kumar Harvijay, Geschäftsführer des Swagat, sagt, sein Restaurant könne nichts dafür. „Wir haben die Flasche so geliefert bekommen. Der Kellner hat sie geschlossen auf den Tisch gestellt.“ Seit 20 Jahren führten sie ihr Lokal, die Gäste seien wie eine Familie. „Es tut uns schrecklich leid.“ Sofort nach dem Vorfall hat Harvijay diese Wassermarke abbestellt.
Das Kreisverwaltungsreferat ist bereits verständigt. Die Polizei hat Proben aus der Flasche und aus einer anderen Flasche des Wasserträgers entnommen, lässt diese analysieren. Sybille Vitolo hofft, dass der Fall aufgeklärt wird. Sie sagt: „Auch wenn ich Schmerzen habe – ich hatte Glück. Ich hätte sterben können.“
Jemand trinkt aus Versehen Putzmittel – das kommt immer wieder vor, wenn etwas in Getränkeflaschen umgefüllt wurde und im schlimmsten Fall Kinder daraus trinken. Dann ist der wichtigste Rat: „Sofort den Rettungsdienst rufen“, sagt Dr. Alfred Schallerer, leitender Notarzt des chirurgischen Klinikums München Süd. „Man sollte auf keinen Fall Wasser nachtrinken oder Erbrechen hervorrufen, weil das die Situation noch verschlimmern kann.“ Stattdessen Ruhe bewahren, die Vitalfunktion (Atmung, Kreislauf) des Patienten im Blick haben. Das „Gift“ sollte man den Ärzten zur Analyse mitgeben.